Lothar Wolleh war ein deutscher Fotograf.
Berlin, Deutschland 1930 - 1979 London, England.

Verbindendes Element

Zerstörung, Unordnung, Gewalt

Künstler seiner Zeit
  • Autor Oliver Wolleh

Die Kriegserfahrungen und die Gewalt der Vergangenheit prägt die Person und das Werk von Lothar Wolleh. Es ist ein verbindendes Element zu vielen Künstlern seiner Generation und überwindet den bestehenden Ost-West-Gegensatz.

Zerstörung, Gewalt und Krieg sind Themen, die sich durch das Werk von Lothar Wolleh ziehen. Sie erschließen sich dem Betrachter jedoch nicht auf den ersten Blick. Vielmehr kommt die Ikonografie der Gewalt diskret daher. So steht ein Herbert Zangs in einer verschneiten Winterlandschaft, jene Landschaft des Russlandfeldzugs, deren Weiß sein ganzes künstlerisches Werk prägt. Zwei Verletzte mit einer Kamera im Schnee. Günther Uecker steht trotzig in den Trümmern seines Ateliers oder liegt zusammengekauert am Strand. Einem Strand, an dem er einst als Junge die Toten versenkter Schiffe barg. Niki de Saint Phalle steht mit dem Gewehr noch in der Hand vor den Resten eines zerschossenen Altars. Ein missbrauchtes Mädchen, welches mit seiner Wut schießt. Der Fotoabzug ist so dunkel gehalten, dass die Waffe kaum sichtbar ist und mit der Person verschmilzt. Ein harter kontrastreicher Abzug, der nur Weiß und Schwarz kennt. Jiri Kolar ist der ruhende Punkt vor der Gedächtniskirche, die in dem Wolleh-Abzug noch einmal zersplittert und Edward Kienholz steht vollkommen nackt vor einer Berliner Kriegsruine. 


Eine missbrauchte Frau die wütend schießt
Jirí Kolár
Niki de Saint Phalle

Die Bombardierungen der Alliierten, die Kämpfe in Berlin und seine spätere Verschleppung nach Russland sind die zentralen Gewalterfahrungen seines Lebens. Er ist sensibler Empfänger der emotionalen und psychologischen Wirkungsmechanismen der Gewalt und wie sie sich in den Werken der Künstler manifestieren. 

Herbert Zangs

Tiefe Freundschaft

Als ein Angehöriger der „Flakhelfergeneration“, erschüttert er jene Weltbilder, die nur die Gegensätzlichkeit zwischen „Täter“ und „Opfer“ kennen. So schreibt der tschechische Künstler Jan Kotik, 18 Jahre nach dem Tod von Lothar Wolleh über diesen: „Durch unsere Freundschaft habe ich begonnen, vieles besser zu verstehen. Zum Beispiel das Schicksal seiner Generation. Denn – wie er mir erzählte – kam er als fünfzehnjähriges Mitglied der Hitler-Jugend zu den Wehrwölfen und sollte mit dem Gewehr in der Hand, die Hauptstadt verteidigen., wobei – wie er sagte – sich die SS-Männer in einer nahegelegenen Kneipe betranken. […] So endete er in russischer Gefangenschaft. Daraus entwickelte sich Abneigung und Bewunderung allen Russischen, sowie ein (beinahe hysterischer) Hass gegenüber allen Uniformen und jedweder Form von Gewalt. Das ist eine der Facetten seines Charakters gewesen.“